Freitag, 31. August 2012

Breitgasse 64

Poguttke will eine Fahrkarte kaufen

von 
Rudolf H. Böttcher


Sommer 2012, Franz Poguttke, das Danziger Original, ist inzwischen uralt, immer noch Maurerpolier im Ruhestand, aber noch sehr reiselustig. Als Säugling war er in die Mottlau gefallen und dieses Bad hatte ihn gegen alle Krankheiten und Zipperlein imprägniert und nahezu unsterblich gemacht.

Aber jetzt zurück zum Sommer 2012. Nach London wollte er nicht reisen, da hatte er so seine Gründe, die er niemanden verraten wollte. Wo war die letzte Olympiade gewesen? In China, in China da war er noch nie gewesen und da wollte er jetzt hin. Einen Kaiser gab es zwar nicht mehr, wie in seiner Jugend, aber China müsste spannend sein. 

Mit den neumodischen Dingern wollte er nicht fliegen, sondern wie er es gewohnt war mit der Bahn reisen. - Also Eisenbahn. Eine Fahrkarte war in Berlin schnell gekauft, er reservierte noch einen Fensterplatz und da kam ihm eine Idee: Frag doch mal nach, sagte er sich, was eine Fahrt in die alte Heimat kostet. Zur Großnichte - inzwischen ist sie auch nicht mehr die Jüngste - in Westlich Neufähr.

Ich hätte gerne eine Fahrkarte nach Neufähr, fragt Poguttke am Schalter. Der tippt länger im Computer - mit dieser Art von „Fernseher" kannte sich  Poguttke zwar nicht aus, aber seine Urenkel hatten ihm erzählt, dass die Kisten ungeheuer schlau waren und fast alles wussten.

Nach drei Minuten schnauzt ihn der Mann am Schalter unfreundlich an: 
Berlin-Heiligensee, Neufährer Steig, 
Das haben wir hier nicht. Kaufen Sie eine Karte am Automat. Das sollten Sie eigentlich wissen!

Nein, Neufähr bei Danzig. sagt Poguttke.
Danzig dass ist doch in Polen. Da müssen Sie mir schon den polnischen Namen sagen. - 
Poguttke tuts. - Nach fünf Minuten erhält er folgende Auskunft:
Das haben wir hier nicht. Kaufen Sie eine Karte nach Danzig und fragen Sie dort weiter!


Eine Woche später steigt Poguttke in Warschau Centralna um. Er hat etwas Zeit und geht an den Schalter. Der Beamte spricht deutsch, fragt höflich nach: 
Neufähr in Deutschland?  -
Nein, Neufähr bei Danzig
Auf einmal versteht der Mann kein Deutsch mehr. 
Ein älterer Herr fragt Poguttke, ob er behilflich sein kann und übersetzt. Nach fünf Minuten erhält Poguttke folgende Antwort: 
Das haben wir hier nicht. Kaufen Sie eine Karte nach Gdańsk und fragen Sie dort weiter!


Am nächsten Tag ist Poguttke in Moskau am Kasaner Bahnhof. Er hat noch eine halbe Stunde Zeit und ist doch neugierig. Er geht an den Schalter. Eine sehr dicke Frau füllt dort die ganze Breite aus.
Haben Sie eine Fahrkarte nach Neufähr, oder nach Gorki Zachodnie?
Die Frau antwortet unfreundlich:
Das hätten Sie eigentlich am Weissrussischen Bahnhof fragen sollen. 
Sie dreht sich aber zum Computer hin und sagt ihm nach fünf Minuten:
Das haben wir hier nicht. Kaufen Sie eine Karte nach Warschau und fragen Sie dort weiter!



Eine Woche später. Poguttke ist von den ersten Eindrücken des Pekinger Bahnhofs vollkommen überwältigt. Aber er will doch gleich seine Reservierung für die Rückreise bestätigen lassen. Gedacht, getan - da wird nebenan der Fahrkartenschalter frei. Er denkt zwar, da bekomme ich doch nur nach fünf Minuten eine Fahrkarte nach Moskau, aber ich will doch mal fragen:

Ich hätte gerne eine Fahrkarte nach Neufähr. - 
Neufähl? Moment bitte,  sagt der Chinese sehr freundlich. 

Nach einer Minute ist er wieder am Schalter mit einem Buch so dick wie fünf Telefonbücher von Berlin. Er blättert eine wetere Minute und fragt:

Westlich odel Östlich Neufähl ?


Westlich Neufähr, antwortet Poguttke bass erstaunt.

Der Chinese sieht in sein Buch und rattert los:

Tlanssib nach Moskau.  Dann -
METLO zum Weiss-Lussischen Bahnhof.  Dann - 
Expless nach Walschau.  Dann - 
Te-Ör-Ka nach Danzig.  Dann - 
Bus Nummel Einhundeltundelf nach Westlich Neufähl.  -  

Der Chinese stutzt:

Odel wollen nehmen Stlassenbahn Nummel 8 ? - 
Er sieht Poguttke an und strahlt: 
Zahl acht bedeuten sehl sehl viel Glück in China! 
Nehmen Stlassenbahn acht nach Heubude. 
Sein Sie sehl viel glücklichel Mann in Heubude! 
Dolt nehmen Sie Taxi nach Neufähl.  - 
Wollen Sie gleich kaufen alle Fahlkalten nach Neufähl -
undt alle Leselvielungen?


* TLK - hier spricht der Chinese ein R weil es so besser zu seiner Silbensprache passt, als ein Te-Li-Ka.

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Die Breitgasse 64 war die Hausnummer der Firma Franz Bartels & Co. in Danzig.
Dort befand sich das Kontor,
mein Ur-Großvater Franz Bartels wohnte zuletzt
in der Zoppoter Viktoriastraße.
Je höher die Etage in der Breitgasse,
um so häufiger wechselten die Mieter -
ob auch ein Poguttke dabei war?

Donnerstag, 23. August 2012

Schichau-Gasse 31

 
Jubilare der Schichau-Werften 1937

Danzig

Max Böttcher  (1893)  -  [der Vater von Rudolf W. Böttcher]
Hugo Bluhm   (1897)
Gustav Gillwaldt  (1897)
Otto Heinrich  (1896)  
Alfred Horn   (1894)
Gustav Kulsch  (1891)
Joh. Lehmann  (1893)
Friedrich Rauch  (1896)
Eduard Reikowski  (1897)
Georg Siewert  (1896)
Max Strobel  (1896)

Königsberg

Fritz Albrecht  (1895)
Albert Behrendt  (1893)
Gustav Ellendt  (1890)
Richard Gröhnert  (1896)
Friedrich Groß  (1892)
August Mattern  (1895)
Gustav Ranglack  (1897)
Emil Streiber  (1894)
August Witt  (1895)

Elbing
















Quelle:  100 Jahre F. Schichau, 1937, S. 190

Aufgeführt sind nur Jubilare, die 40 Jahre oder länger bei [Schichau] waren.